Die Unzufriedenheit in mir

Wie eine dunkle Wolke legt sie sich manchmal über mich, versucht meine Glückseligkeit im Keim zu ersticken. Lässt trübe Gedanken zu mir herein und sorgt dafür, dass mein Stresspegel ins Unermessliche steigt. Die Unzufriedenheit versucht sich bei mir breit zu machen.

Schafft sie es? Vielleicht. Manchmal. Sie ist zu stark, um ständig dagegen ankämpfen zu können. Dann kocht sie leise in mir hoch, bis sie anfängt zu brodeln. Ob ich will oder nicht. Doch manchmal droht mir alles über den Kopf zu wachsen.

Aber wie kommt es überhaupt dazu? Wieso besitzt die Unzufriedenheit die Frechheit sich bei mir einzunisten und es sich gemütlich zu machen?

Schwierige, turbulente Phasen tragen dazu bei. Zum Beispiel die immer wiederkehrende Wut meines Sohnes. Oder seine nächtlichen Schreiattacken, wenn ihn der Nachtschreck mal wieder heimsucht.

Mit der Wut fertig zu werden ist nach wie vor eine große Herausforderung für mich. Immer wenn dann mal eine Ruhephase Eintritt, rede ich mir erleichtert ein, dass es von nun an einfacher wird. Bis es halt wieder so weit ist.

Und die Nächte? Schon allein die Tatsache, dass er abends nicht einschlafen kann oder will, sorgt dafür, dass ich jeden Abend gestresst bin. Erst recht, wenn ich allein bin mit den Kindern. Und wenn er schließlich schläft und ich dann eine kurze Verschnaufpause für mich hatte, denke ich, es ist Zeit schlafen zu gehen. Doch ich lege mich jeden Abend mit einem unguten Gefühl ins Bett. Kommt der Nachtschreck heute wieder? Werde ich wieder eine halbe Stunde oder länger an seinem Bett stehen und versuchen in zu beruhigen? Und verzweifelt feststellen, dass jeder Versuch es nur schlimmer macht und gleichzeitig hoffen, dass seine kleine Schwester nicht wach wird? Jede seiner Bewegungen lässt nachts mein Adrenalin hoch schießen, weil ich denke, es geht wieder los. Ich liege im Bett, der Ort der mir eigentlich Ruhe und Erholung bringen soll – und bin gestresst, immer in der Erwartung, dass jeden Moment etwas passiert.

Und während ich da so wach liege, kommen wieder diese Gedanken in mir hoch. Sorgen und Ängste, das unser Glück durch ein Unglück einfach so zerplatzen könnte. Ich denke an die Menschen, die wir im Laufe der Zeit verloren haben, in voller Sorge um die, die noch bei uns sind. Und ich stelle immer wieder fest: Wache Nächte sind keine guten Nächte.

Ebenso unzufrieden macht mich die Tatsache, dass eines meiner Kinder immer zu kurz kommt. Und das ist meistens mein Sohn. Es bricht mir das Herz – immer wieder.

Ich könnte Schokolade gebrauchen. Das hilft. „Aber halt! Du bist doch mit Dir selbst auch unzufrieden. Mit Deinem Aussehen. Die Schokolade macht es nicht besser!“, sagt die Stimme in meinem Hinterkopf. Recht hat sie!

Und was noch? Ist das alles? Nein.

Ich bin genervt, weil unser Haus so aussieht, wie es gerade aussieht. Unordentlich, staubig, klebrig. Es hat schon seit Ewigkeiten keinen Wischer mehr gesehen. Denn ich komme einfach nicht dazu. Unter der Woche bin ich froh, wenn ich es schaffe, die Küche aufzuräumen. Am Wochenende kämpfe ich mit Einkäufen und Wäschebergen.

Und auch das ist ein Zustand, der mir nicht gefällt. Denn das Wochenende sollte Familienzeit sein. Das kommt viel zu kurz, weil dann jeder immer das zu erledigen hat, was unter der Woche liegen geblieben ist.

Vor allem in den Wochen, wo mein Mann nicht bei uns ist. Und das kommt so häufig vor im Moment. Eine Geschäftsreise jagt die nächste. Es ist viel im Moment. Zu viel – für mich. Er fehlt mir. Er fehlt den Kindern. Wie oft mein Sohn mir in der Zeit immer sagt: „Ich bin so traurig, weil der Papa nicht da ist!“ Und ich versuche dann, ihm zu erklären, warum das so ist und dass Papa immer an uns denkt. Aber das ist in dem Moment kein großer Trost. Und ganz abgesehen davon, ist die Zeit ohne ihn purer Stress für mich. Stress, den ich mir meistens schon im Voraus selbst mache. Denn zu wissen, dass man die nächsten Tage keine Zeit zum Durchatmen hat, verursacht eine leichte Panik in mir. Wie werden die Kinder drauf sein? Wird die Kleine viel weinen? Wird der Große deswegen wieder wütend sein? Wie wird es klappen die beiden abends ins Bett zu bringen? Und wie sieht es mit meinen Nerven aus? Wie schnell werden sie blank liegen? Schaffe ich den Spagat, allen gerecht zu werden?

Manche Tage vergehen, ohne dass ich mal ein paar Worte mit einem Erwachsenen gewechselt habe. Wenn ich abends erschöpft auf’s Sofa sinke, sehne ich den Moment herbei, in dem mein Mann endlich anruft und wir uns gegenseitig von unserem Tag erzählen. Und schon ist der Abend vorbei. Kurzes Kraft tanken in der Nacht, um startklar zu sein für die nächste Runde.

Neuer Tag, neuer Blickwinkel. Wer ist diese Unzufriedenheit eigentlich? Was will sie hier? Ungebeten. Ich habe sie nicht eingeladen. Nicht bewusst zumindest. Und ich will, dass sie wieder geht. Warum?

Weil ich eigentlich glücklich bin. Und das soll sie ruhig wissen! Ich bin glücklich, weil ich zwei zauberhafte, tolle Kinder habe. Ja, es ist anstrengend. Aber sie bringen mich zum Lachen, füllen mein Herz mit Liebe und unser Haus mit Kinderlachen. Und mit Sand. Und Krümeln.

Aber ist es wirklich so wichtig, wie es im Haus aussieht? Nein, nicht wirklich. Also mache ich das, was ich schaffe und der Rest bleibt halt liegen. Wenn Besuch kommt, und es ihn stört, dass das Sofa mit Krümeln übersät ist, dann ist das halt so. Hier leben nun mal Kinder!

Ich bin auch glücklich, weil ich einen so wundervollen Mann habe, was ich viel zu selten sage. Ja, er arbeitet verdammt viel und wir müssen oft auf ihn verzichten. Das macht mich traurig – aber er sorgt damit dafür, dass wir es gut haben. Und diese vermeintlich einsamen Tage versuche ich immer so gut es geht zu verplanen, mich mit Freunden zu treffen. Das macht die Tage kürzer und vor allem fröhlicher. Und mein Sohn ist abgelenkt und denkt nicht ständig daran, dass Papa gerade nicht da ist. Und oft denke ich dann, es war alles doch gar nicht so schlimm, wie ich befürchtet habe. Ich habe das ganz gut gemacht. Und dann lächle ich in mich hinein.

Turbulente Momente? Versuche ich wegzuatmen. Okay – klappt nicht immer. Aber ich übe mich in Gelassenheit. Zugegeben, ich muss noch viel üben. Aber das geht auch ohne Schokolade. Tatsächlich.

Ich nehme mir vor, trübe Gedanken gegen glückliche zu tauschen. Das gelingt sicher nicht immer, klar. Aber ich werde immer daran denken, dass es so viel Gutes in meinem Leben gibt.

Also, Unzufriedenheit – verzieh Dich! Dich will hier keiner haben!

6 Gedanken zu “Die Unzufriedenheit in mir

  1. Ja, es kann schwierig sein, den Alltag mit zwei Kindern und vor allem ohne Mann zu schaukeln. Mein Mann ist zwar immer präsent, aber dennoch kann ich nachvollziehen, wie Du Dich manchmal fühlst. Mein Rat: Versuche, die Zeit mit Deinen Kids zu geniessen, mach Dir nicht schon im Voraus Stress und ist egal, wenn daheim nicht alles perfekt ist. Deine Kinder spüren, ob Du angespannt oder eben relaxed bist und sind Dein Echo. Ich muss mir das auch oft selbst wiederholen und siehe da: wenn ich ausgelassener bin, sind auch meine Beiden unbeschwerter. Koof hoch! Viele Grüsse! Claudia

    • Ja, Du hast recht. Es hat viel mit der eigenen Einstellung zu tun. Ich muss mir das auch mehr zu Herzen nehmen und versuchen einfach lockerer zu sein. Liebe Grüße, Nadine

  2. Ein schöner Text. Mein Kind hatte letztens übrigens Angst vor einer – wie ich ihm erklärte – „Wollmaus“. Und zwar davor, dass sie beißt. Du siehst, bei anderen Müttern sieht es nicht besser aus ;-).

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