Entspannt im Wochenbett

LET’S TALK ABOUT

Du hältst Dein Neugeborenes im Arm und bist überglücklich. Und erschöpft. In den kommenden Wochen sollt Ihr vor allen Dingen eines: Als Familie ankommen. Das Wochenbett ist eine Zeit zum Kennenlernen, Ausruhen und Erholen. Eine Zeit, die man vornehmlich im Bett verbringen sollte. Der Körper stellt sich in den Mama-Modus um, der Hormonhaushalt spielt verrückt, man muss sich erst einmal in seine neue Rolle einfinden.

Aller Anfang ist schwer

Damit hatte ich es nach der Geburt meines Sohnes wirklich schwer. So leicht und schön meine Schwangerschaft mit ihm war, so schwer war die Geburt. Und daran hatte ich ziemlich lange zu knabbern. Über mein Geburtstrauma habe ich lange Zeit nicht gerne geredet. Bei einigen bin ich auf Unverständnis gestoßen und hörte Kommentare wie „Stell Dich nicht so an!“ oder dergleichen.

Die Geburt war ein solch enormer Kraftakt für mich, dass mein Körper sehr lange brauchte, um sich davon wieder zu erholen. Nie zuvor fühlte ich mich so ausgelaugt. In der Klinik wurde ich in den ersten Tagen gut versorgt und unterstützt. Daher hatte ich fast ein wenig Angst, das Krankenhaus zu verlassen, weil ich dort immer auf die Hilfe der Schwestern zurückgreifen konnte. Schon am ersten Tag zeichnete sich nämlich ab, dass unser Kleiner noch überhaupt nicht auf dieser Welt angekommen ist. Zumindest glaubten wir das, denn er schrie extrem viel. Und das bereitete mir große Sorgen, vor allem, weil ich nicht einmal für mich selbst genug Kraft hatte.

An einem Donnerstag wurde der kleine Mann geboren. Wir blieben bis Sonntag im Krankenhaus. Ich war sehr froh, dass mein Mann die ganze Zeit an meiner Seite war, denn wir hatten das Glück, ein Familienzimmer zu haben. Aber abgesehen davon wollte ich am liebsten niemanden sehen. Natürlich ist man stolz auf sein kleines Wunder und möchte das auch allen anderen zeigen. Doch Besuch wurde mir schnell zu viel und ich wollte am liebsten meine Ruhe haben – gleichzeitig aber auch niemandem meine Überforderung zeigen. So biss ich die Zähne zusammen und sagte nichts. Ich schwieg, obwohl ich mich nach Ruhe sehnte.

Nach Hause zu kommen war ein komisches Gefühl. Wir waren nun Eltern, hatten eine große Verantwortung für ein klitzekleines Wesen, das wir gleich in unsere Herzen geschlossen haben. Er gehörte jetzt zu uns. Solche Gefühle treffen einen mit einer Wucht, die man zuvor nicht erwartet hätte. Aber es mischte sich auch weiterhin Sorge darunter. Denn der Kleine schrie immer mehr. Was ist bloß los mit ihm?, fragte ich mich immer und immer wieder.

In den ersten zwei Wochen nach der Geburt hatte mein Mann frei und war mein rettender Anker. Während ich wie ein Häufchen Elend heulend auf dem Sofa hockte – körperlich und nervlich völlig am Ende – trug er das schreiende kleine Bündel unermüdlich und tröstete mich zugleich. Ich fühlte mich wie eine Versagerin, weil ich nicht in der Lage war, mein Baby zu beruhigen.

Ein große Stütze war auch meine Hebamme, die uns sehr viele Wochen begleitete und mir immer wieder „den Kopf wusch“ und mich beruhigte. Sie sagte mir, ich würde alles richtig machen, gab uns einige Tipps, wie wir unserem kleinen Schatz helfen konnten. Obendrein riet sie uns auch dazu, von anderen Hilfe anzunehmen, uns bekochen zu lassen, und vor allen Dingen Besuch abzuwimmeln, um noch mehr Stress zu vermeiden.

Das war nämlich so eine Sache. Einige riefen immer wieder an und wollten uns besuchen kommen. Sagte ich dann nein, weil es mir zu viel war, riefen sie zwei Tage später erneut an – bis ich irgendwann klein bei gab. Heute würde mir das nicht mehr passieren. Denn für mich war das zu der Zeit purer Stress.

Unser Sohn schrie bis zu zwölf Stunden am Tag. Wir brauchten die Kraft für ihn – unser Schreibaby – und für uns selbst.

Diese extreme Situation und der Schrecken der Geburt saßen tief. Ich brauchte eine sehr lange Erholungsphase und konnte überhaupt nicht verstehen, wie andere Mütter zwei Tage nach der Geburt schon wieder quietschfiedel durch die Gegend springen konnten, als hätte ihnen das alles nichts ausgemacht. Für mich verlief das Wochenbett nach der Geburt meines Sohnes völlig anders, als ich es mir erhofft hatte. Leider …

Wochenbett nach einer Fehlgeburt?

Knapp eineinhalb Jahre später erlitt ich eine Fehlgeburt. Wenn so etwas passiert, kann man eigentlich nicht von einem Wochenbett sprechen, auch wenn man danach durchaus Ruhe braucht. Körperlich wie seelisch. Aber lässt sich das mit dem Alltag vereinbaren?

Nachdem ich mein Baby verlor, schickte mich meine Frauenärztin sofort ins Krankenhaus. Da mein Körper selbst gut vorgearbeitet hatte, wurde bei mir keine Ausschabung durchgeführt. Stattdessen bekam ich Tabletten, die Wehen auslösen und dafür sorgen sollten, dass alle Überreste von allein „abgehen“. Ein scheußlicher Ausdruck, wie ich finde. Diese Tabletten nahm ich an einem Freitagmittag, und nur wenig später setzen Wehen ein. Ich lag an einem strahlenden Sommertag allein im abgedunkelten Schlafzimmer, während mein Mann sich um unseren Sohn kümmerte, dessen unbekümmertes Lachen immer wieder zu mir nach oben drang.

Ich fühlte mich innerlich zerrissen – wegen meiner Trauer um das Kind, das ich nie in meinen Armen halten würde, und weil ich nicht für meinen Sohn da sein konnte. Mein Körper hatte ebenfalls ordentlich zu tun. Es zehrte an meinen Kräften.

Nur ein Wochenende lang hatte ich Zeit zum Erholen. Danach ging das Leben weiter, fast so als wäre nichts gewesen. Mein Mann musste auf Geschäftsreise und ich wieder voll funktionsfähig sein. Ich fühlte mich ziemlich schlapp und mein Sohn war ausgelassen wie immer. Aber vielleicht war das auch gut so. Immerhin war ich abgelenkt. Es blieb kein Raum mehr für trübe Gedanken. So kam ich erstaunlich schnell wieder auf die Füße. Kinder sind definitiv das beste Heilmittel.

Dieses Mal ist alles anders

Vier Monate später wurde ich erneut schwanger. Eine Schwangerschaft, in der ich mich ganz und gar nicht gut fühlte. Ich sehnte das Ende herbei. Doch die Geburt meiner Tochter verlief entgegen all meiner Erwartungen erstaunlich leicht und nahezu schmerzfrei. Ich konnte mein Glück kaum fassen, als mir dieses kleine Zauberwesen auf den Bauch gelegt wurde und ich es zum ersten Mal bewundern durfte. Das ist also dieser magische Moment, von dem immer alle sprechen – ein Moment, den ich nach der kräftezehrenden Geburt meines Sohnes leider nicht erleben durfte.

Nach der Geburt fühlte ich mich zwar ein wenig schlapp, aber glücklich. Die Kleine lag friedlich neben mir und es ging auch ihr gut.

Eigentlich wollte ich gleich am nächsten Tag nach Hause, denn ich fühlte mich entspannt und sicher. Doch die Visite kam erst am Abend, sodass man mich erst am nächsten Tag entlassen hatte. Sonntagmittag durften wir dann den Heimweg antreten, und ich freute mich darauf, endlich wieder zu Hause zu sein – bei meinem Sohn.

Ganz anders als im ersten Wochenbett fühlte ich mich richtig gut und ausgeglichen. Ich war die Ruhe selbst – und das, obwohl ich vorher große Angst davor hatte. Aber diese Angst war völlig unbegründet. Das kleine Mädchen war ein richtiges „Anfängerbaby“, das viel schlief und kaum weinte. Auch nachts schlief sie recht früh bereits sechs Stunden am Stück.

Die ersten Tage verbrachte ich hauptsäclich auf dem Sofa. Die Kleine lag gern auf meinem Bauch und schlummerte dort friedlich. Und während wir unsere Kuschelzeit in vollen Zügen genossen, beobachtete ich meinen Sohn beim Spielen und mich überkam ein Gefühl von Trauer. Trauer um eine verlorene Zeit, die er und ich so nie miteinander erlebt haben – weil diese Zeit von Schreien und Überforderung geprägt war.

Doch ansonsten gab es keine Spur von Babyblues oder anderen Problemen. Mein Mann nahm sich nach der Geburt drei Wochen Urlaub. Es dauerte nicht lange, bis wir wieder im Trott waren. Ein anderer Trott natürlich, denn mit einem Baby lebt man plötzlich wieder in einem völlig neuen Rhythmus. Meine Tochter war jedoch so pflegeleicht, dass wir sie einfach im Stubenwagen schlafen lassen konnten. Daher konnte ich trotzdem genug Zeit mit dem großen Bruder verbringen und machte auch schon nach wenigen Tagen ein paar Kleinigkeiten im Haushalt.

Ich fühlte mich einfach gut und war abgesehen von Schmerzen im Becken ziemlich fit. Meine Hebamme quittierte ziemlich früh ihren Dienst bei uns, weil es tatsächlich nichts gab, was sie hätte für uns tun können. Von Wochenbett war also nicht wirklich die Rede. Aber das war auch völlig in Ordnung so.

Das Wichtigste ist, gerade in der Zeit des Wochenbetts auf sich und seinen Körper zu hören, Hilfe anzunehmen, wenn es nötig ist, Besuch abzublocken, wenn es zu viel ist. Es ist die Zeit, in der die Familie neu zusammenwächst. Und die sollte so laufen, wie es für einen selbst am besten ist.


Dies ist ein Beitrag aus der Reihe Let’s talk about – einem gemeinsamen Projekt von Wunschkindwege und Zwischen Wunderwelt und Wahnsinn. Auch meine Freundin Sally hat an ihre Zeit im Wochenbett zurückgedacht. Ihren Beitrag könnt Ihr hier lesen.

4 Gedanken zu “Entspannt im Wochenbett

  1. Hachja… beim ersten Kind hatten wir wohl sogar im Wochenbett beide die gleichen Herausforderungen. 😉
    Wie ätzend diese Besuchsnummer war, oder? 😬

    Das Babymädchen war ja auch ein totales Anfängerbaby, wofür ich auch heute noch sehr dankbar bin. 😏

    • Ja, echt ätzend. 🙈

      Wieso haben wir eigentlich am Anfang gleich das Baby für Fortgeschrittene bekommen? Und dann auch noch ohne Benutzerhandbuch… 😁

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