Wie macht sie das nur?!

Gestern war ein wunderschöner Herbsttag. Die Sonne strahlte und es war mild. Der perfekte Tag für einen Ausflug in den Wald. Außerdem war auch noch unser wöchentlicher Oma-Tag. Was die Sache noch perfekter machte, denn ohne die Unterstützung meiner Schwiegermutter wäre ich vermutlich nicht auf die Idee gekommen, mit den Kindern in den Wald zu fahren. Warum? Ja… warum eigentlich? Die Antwort darauf folgte schon bald. Aber mal von vorne.

Wir saßen gemeinsam beim Mittagessen und unterbreiteten den Kindern den Vorschlag, in den Wald zu fahren, wo sie auch mit dem Kindergarten immer ihre Waldwoche verbringen. Denn dort gibt es nicht nur den Wald, sondern auch einen Spielplatz. Eigentlich perfekt, nicht wahr?! Als Wildfang davon hörte, war er ganz begeistert und er wollte uns im Wald dann immer den richtigen Weg zeigen – er kennt sich ja schließlich dort bestens aus.

Als dann alle startklar waren, sah die Sache urplötzlich anders aus. Er wollte nun doch nicht in den Wald, weil der Spielplatz dort nicht cool ist. Er wollte auf einen cooleren Spielplatz. Wo war die Begeisterung hin verschwunden, die er etwa 15 Minuten vorher noch hatte? Mir verging schon beinahe die Lust, als er sich schließlich doch noch überzeugen ließ.

Dann folgte die Debatte, welches „Fahrzeug“ wir für die Kinder mitnehmen. Ich war für den Bollerwagen, Pusteblume wollte lieber den Buggy. Als sie dann hörte, dass Wildfang sein Laufrad nehmen wollte, wollte sie natürlich das Gleiche. Mir schwante nichts Gutes, als ich mich dazu überreden ließ.

Im Wald angekommen, düsten die beiden fröhlich und vergnügt drauf los.

 

Wir gingen durch den Wassergarten und anschließend etwas tiefer in den Wald hinein. Dort trafen wir auf eine Frau mit drei Hunden, mit der wir uns eine Weile unterhielten und Wildfang durfte die Hunde streicheln und füttern. Er war total begeistert. Danach machten wir eine kleine Rast, aßen ein paar Äpfel und Brötchen, um mit neuer Kraft weiterzuziehen.

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Wir hielten Ausschau nach Fröschen…
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…sammelten ein paar Waldschätze…
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…kletterten ein wenig.

Nach eine Weile sagte Pusteblume dann, sie wolle nun endlich zum Spielplatz. Also kehrten wir um und die Fahrt ging munter weiter. Dann machte Wildfang Halt, um einen Käfer zu beobachten. Oma und die Kleine stießen dazu. Bis hierhin lief alles gut. Aber dann…

Die Sache mit dem Käfer

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Wir alle beobachten eine Weile den Käfer…

Wildfang und ich zogen schon weiter, in der Erwartung, dass Oma und Pusteblume es uns gleichtun. Doch dann muss die junge Dame wohl absichtlich auf den Käfer getreten sein. Oma sagte zu ihr: „Hey, warum machst Du das?“ Und auch ich sagte ihr noch ein paar Worte dazu. In dem Moment ging die Sirene an. Sie warf sich wütend auf den Boden und als Oma sich ihr näherte, rannte sie schreiend weg. Von Oma wollte sie erst einmal nichts mehr wissen und rief nach Mama. Das Laufrad wollte sie auch nicht mehr – nein – getragen werden wollte sie. Und an dieser Stelle wurde es schwierig. Ich kann sie nicht lange tragen. Und dann war da ja auch noch das Laufrad. Wäre ich alleine mit den beiden gewesen, hätte ich nun ganz schön dumm da gestanden. In solchen Situationen gibt es nämlich kein Vor und kein Zurück mehr.

Ich trug sie ein paar hundert Meter, meine Schwiegermutter schleppte das Laufrad hinterher. Die Kleine beruhigte sich ein wenig. Bis ich nicht mehr konnte. Ich sagte ihr, dass ich sie leider nun absetzen müsse, was ich kurze Zeit später auch behutsam tat. Da ging das Geschrei von vorne los. Ich war mehr als nur genervt. Ich trug sie noch ein Stück, bis es wirklich nicht mehr ging. Immerhin lief sie dann neben mir her, machte ihren Unmut darüber aber weiterhin lautstark kund. Uns begegnete ein alter Herr, der grinsend sagte: „Sie platzt gleich vor Wut!“ Recht hatte er. Und ich fühlte mich innerlich genauso, habe es aber tapfer weggelächelt.

Und genau das ist der Grund, weshalb ich allein nur äußerst selten etwas mit beiden Kindern zusammen unternehme. Denn irgendwann kommt immer eine solche Situation. Wenn es nicht meine Tochter ist, dann ist es halt mein Sohn. Im schlimmsten Fall beide gleichzeitig, so gefühlsstark wie sie sind. Und auch wenn ich nach außen hin vielleicht nicht so wirke, bin ich in solchen Momenten total überfordert. Nicht nur wegen mir selbst, sondern auch wegen dem, was andere Leute jetzt wohl über mich und meine Kinder denken.

Wie macht sie das nur?

Da musste ich plötzlich wieder an eine Mutter denken, die uns im Sommer auf dem Waldspielplatz begegnete. Sie war allein mit vier Jungs im Alter von 0 – 7 Jahren unterwegs und sie war so verdammt gelassen. Ich bewunderte sie für ihre Stärke und die Ruhe, die sie ausstrahlte. Und ich fragte mich, wie sie das bloß macht? Wie schafft sie es, so entspannt und so souverän zu sein? Sicher kommt das auch immer auf die Kinder an, aber es hat auch viel damit zu tun, wie man als Mutter ist.

Ich gehöre leider eher in die Kategorie „Die Gestresste“. Und jedes Mal beneide ich die Mütter, die offenbar genau das Gegenteil von mir sind. Nämlich cool. Und ich beneide auch deren Kinder. Denn ich würde mir allein schon für meine Kinder wünschen, dass ich entspannter wäre und auch in brenzligen Situationen nicht so schnell ins Wanken gerate. Dann würde ich mir sicher auch viel mehr zutrauen.

Vielleicht irre ich mich manchmal aber auch und die anderen sind gar nicht so cool, wie ich denke. Sie machen halt trotzdem einfach.

Tief durchatmen

Das dachte ich mir dann gestern auch und nach einer gefühlten Ewigkeit, war der Spielplatz in Sicht. Erschöpft setzte ich mich auf eine Bank. Die Kleine warf sich zwei Meter von mir entfernt wieder auf den Boden und schrie: „Ich will nicht zum Spielplatz!!!“ Ich nahm sie hoch und setzte mich mit ihr zusammen wieder auf die Bank. Sie rannte weg, um sich erneut schreiend im Dreck zu wälzen. Eine alte Dame kam vorbei und sang ihr ein Lied vor. Was nett gemeint war, machte sie nur noch wütender. Ich hörte, wie auf einer anderen Bank zwei Frauen das Gebrüll meiner Tochter zum Anlass nahmen, ein Gespräch über eben dieses Thema zu führen. Ich ließ mich davon nicht irritieren und redete leise mit meiner Tochter. Als sie ruhiger wurde unternahm ich einen weiteren Versuch, sie zu mir zu holen und zu beruhigen. Dieses Mal gelang es mir. Während ihr Bruder mit Oma längst den Spielplatz unsicher machte, saß sie noch eine Weile schniefend auf meinem Schoß.

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Irgendwann wollte auch sie schließlich spielen gehen. Sie rutschte ein paar Mal und wollte dann schaukeln. Grund für den nächsten Wutanfall war, dass ich sie nicht hoch genug angeschaukelt habe. Und ich dachte mir nur: Hach, was für ein idyllischer Herbsttag das doch heute ist!

Wahrnehmung

Als eine der anderen Mütter sich aufmachte zu gehen, rief ich lächelnd zu ihr rüber: „Ich hoffe, wir haben Euch nicht vertrieben?“ Sie verneinte und sagte, sie würde solche Situationen nur zu gut von ihrem Großen kennen. Als ich ihr sagte, dass mein Großer das auch ganz gut kann, sagte sie: „Ach, deswegen bist Du so entspannt!“

So viel zum Thema Wahrnehmung. Wie man sich fühlt und wie man auf andere wirkt, sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Und vielleicht sollte man sich einfach nicht so viele Gedanken darüber machen, was andere wohl über einen denken mögen und einfach mal ein bisschen mutiger sein und sich selbst gegenüber die Stärke beweisen, die man anderen gegenüber ausstrahlt.

15 Gedanken zu “Wie macht sie das nur?!

  1. Liebe Dienna, vielen Dank für Deinen erfrischenden Berucht. Ich kann Dir sagen: Ich glaube, es geht vielen Eltern so. Nur wird das erst dank Blogs wie Deinen und anderen bewusst. Ich selbst bin immer alleine mit meinen zwei Kindern unterwegs-wir haben keine Grosseltern oder irgendwen, der uns unterstützt (unsre Freunde haben selbst Arbeit und Kinder). Aber wrisst Du: Ich muss einfach. Mindestens die Hälfte des Tages müssen die Kinder raus, sonst fällt allen die Decke auf den Kopf. Hätte ich Unterstützung, würde ich auch nur mit Unterstützung raus. Ich habe sie nicht- und schwitze daher jeden Tag Blut und Wasser, egal, wie gerne ich mit den Kindern bin und wie toll sie sind. (Und, ja, ich muss vorsorgen: Buggy immer dabei, auch wenn niemand da rein will beim losgehen, notfalls superstreng sein, notfalls super verwöhnend sein, … einfach, damit es überhaupt geht!) Darum: Ja, viele Mütter sind dauernd alleine draussen. Aber ich versichere Dir: Es ist auch für sie anstrengend. Wir Menschen wären halt Rudeltiere und gemacht dafür, dass x Erwachsene auf ein paar Kinder aufpassen, nicht umgekehrt. Du machst das sicher gut!

  2. Die Wahrnehmung ist wirklich so eine Sache für sich. Ich selbst würde mich auch immer eher als gestresste Mutti bezeichnen, aber ich habe schon von so vielen gehört, die mich immer für meine Gelassenheit bewunderten, manche sicher auch „verurteilten“ (primär alte Oppis, die sich vermutlich nie um ihre Kinder gekümmert haben 😀 ). Ich gehe auch ungern mit beiden zusammen raus, schon gar nicht mit Laufrad – scheint bei allen das Gleiche zu sein. 😀 aber mittlerweile bin ich dazu übergegangen mir keine Gedanken mehr darüber zu machen, was die anderen denken, sondern mir immer wieder vor Augen zu halten, dass ich die sowieso nie wieder sehe und es hier ja darum geht, was langfristig aus meinen Kindern wird (so erziehungstechnisch gesehen). Da kann ich jetzt nicht auf einmal anders handeln, als ich es zu Hause täte, nur weil hier andere Menschen sind.
    So wie du dein Handeln beschreibst, klingt es wirklich sehr ruhig und entspannt in den Bockanfällen deiner Tochter. Was drinnen ist, sieht ja keiner. 🙂

  3. Wer weiß ob die ganz entspannte Vierfachmama nicht fünf Minuten nach eurer Begegnung total ausgerastet ist.. 😛
    Ich bin eigentlich immer mit den Kindern allein unterwegs, da ich selten Unterstützung habe – daher habe ich IMMER (auch wenn wir nur ne 20-Minuten-Runde drehen) einen RingSling umgehängt um notfalls ein Kind entspannt zu tragen und die Hände für eventuelles Gepäck oder – falls es blöd kommt – das zweite Kind frei zu haben (die Mädels wiegen 13 und 14 Kilo, beide zusammen zu tragen ist nicht so spaßig, geht aber zur Not mal für ein paar hundert Meter – danach müssen sie abwechselnd laufen). Was mich regelmäßig schafft ist die Situation auf dem Spielplatz, wenn es wirklich, wirklich, WIRKLICH Zeit ist zu gehen und die Kinder auch nach mehrmaliger Aufforderung nicht bereit sind den Platz zu verlassen.. Ich möchte nicht zwei Kinder unter Protest vom Spielplatz schleppen, ich kann aber auch nicht immer die hundert Stunden warten bis sie mal fertig gerutscht haben.. 😅
    Da bin ich dann auch manchmal dezent genervt.

    • Aber toll, dass Du trotzdem immer mit ihnen raus gehst. Ich mache das tatsächlich meistens nur, wenn ich Verstärkung dabei habe, was natürlich nicht so oft vorkommt. Und es tut mir dann irgendwie immer Leid.

      • Ja, mir bleibt ja nichts anderes übrig.. es ist ja keiner da. 😅 Zumal die Zeit draußen auch schneller rum geht und die Tage sonst manchmal ewig lang sind. 🙈 Zum Glück sind aber beide Kinder relativ friedlich. Sonst würde ich es vermutlich auch nicht so oft machen.. 😂

      • Ja, da hast Du Recht. Zu Hause sind die Tage oft eeeeewig lang. Toll, wie Du das alleine alles machst. Da sollte ich mir mal eine Scheibe von abschneiden. 😊

  4. Vielleicht stellt sich die total gelassene Mama auch nur vor, sie hätte große, rosa Mir-ist-es-egal-Pillen eingeworfen. Ich tue das manchmal, und schon sieht die Welt selbst mit trotzigem Kind viel … rosiger aus! 😉

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