Ist mein Kind hochsensibel?

Schon früh habe ich gespürt, dass mein Kind irgendwie anders ist als andere. Doch ich konnte nie genau ausmachen, was es ist. Schon als Baby war mein Sohn immer hellwach und verfolgte jedes Geschehen um sich herum aufmerksam, während alle anderen Babys friedlich schliefen und sich durch nichts aus der Ruhe bringen ließen. Ich sah Eltern, die mit ihrem schlafenden Baby einen Abend im Restaurant genießen konnten, während mein Kleiner alles zusammenschrie. Ich sah Eltern die ausgedehnte Spaziergänge mit dem Kinderwagen machten, ebenfalls mit schlafendem Baby. Und meines schrie. Die ständige Angst etwas zu verpassen, traf auf Müdigkeit und Reizüberflutung. Also blieb ich oft zu Hause, mied zu viel Trubel. Als er älter wurde, legte sich alles ein wenig. Zumindest für eine Weile.

Schwierig wurde dann der Start in den Kindergarten. Zu viele Reize, die nicht verarbeitet werden konnten, strömten nun ungefiltert auf mein Kind ein. Zu Hause gab es dann regelmäßig lautstarke Zusammenbrüche unter denen die ganze Familie litt.

Woher kommt das? Warum lässt er sich so schnell ablenken? Und warum ist ihm ständig alles zu laut? Warum riecht alles eklig und warum schmeckt ihm das Essen nicht, sobald es mal nur annähernd anders aussieht als gewohnt? Warum kratzt er sich ständig? Warum kommt er abends nicht zur Ruhe, anstatt hundemüde ins Bett zu fallen, nach einem ereignisreichen Tag? Warum bekommt er immer wieder den Nachtschreck? Warum werfen Veränderungen ihn dermaßen aus der Bahn?

Doch auch andere Dinge fielen uns auf. Zum Beispiel wunderten wir uns über seinen schon sehr früh ausgereiften Sprachschatz und über all die tiefsinnigen Fragen, die er stellte. Uns fiel auf, wie mitfühlend er ist und dass er jede kleinste Veränderung, jede Schwingung wahrnahm. Er überraschte uns immer wieder mit seinem Wissensdurst und seiner Kreativität.

Lange Zeit habe ich es nicht erkannt, bis es mir wie Schuppen von den Augen fiel. Mein Kind ist hochsensibel.

Was ich bei meiner Tochter schon sehr früh erkannt hatte, blieb mir bei meinem Sohn zunächst verwehrt. Bei meinem kleinen Mädchen mit ihrer schüchternen Art war mir sofort klar, dass sie hochsensibel sein muss. Doch mein Sohn ist ein Kind, das offen auf jeden zugeht, das keinerlei Probleme hat, neue Freundschaften zu schließen. Das passte für mich nicht zusammen.

Bis ich das Buch Das hochsensible Kind von Dr. Elaine N. Aron (Affiliate Link) las. Plötzlich hatte ich ein Aha-Erlebnis nach dem anderen. Es gibt nämlich sehr wohl hochsensible, extrovertierte Menschen. Das weiß ich nun auch. Und mein Sohn ist einer von ihnen.

Je mehr ich darüber las, desto klarer wurde es mir und umso besser gelang es mir, ihn zu verstehen. Bei unserem Besuch im SPZ wurde meine Vermutung schließlich bestätigt.

Woran erkenne ich, dass mein Kind hochsensibel ist?

Folgende Dinge könnten auf Euer Kind zutreffen:

  • Erschrickt leicht

  • Beschwert sich über kratzige Kleidung oder Nähte, sowie Labels

  • Liebt normalerweise keine großen Überraschungen

  • Ist bei  liebevoller Führung und Zuwendung einsichtiger anstatt bei  Strenge

  • Vermittelt den Eindruck meine Gedanken lesen zu können

  • Hat einen umfangreichen Wortschatz für sein Alter

  • Registriert feinste Geruchsabweichungen

  • Hat einen ausgeprägten Sinn für Humor

  • Erscheint sehr intuitiv und weiß Dinge einfach

  • Schläft nach einem aufregenden Tag schlecht ein

  • Kommt mit großen Veränderungen schlecht zurecht

  • Möchte  schmutzige, nasse  oder sandige Kleidung  wechseln

  • Stellt viele Fragen

  • Ist ein Perfektionist

  • Nimmt zwischenmenschliche Disharmonien wahr

  • Bevorzugt ruhige Spiele

  • Stellt tiefgründige und provokante Fragen

  • Ist sehr schmerzempfindlich

  • Fühlt sich an  lauten  Orten unwohl

  • nimmt Feinheiten wahr (z.B. etwas wurde umgestellt oder das Aussehen einer

  • Person hat sich verändert usw.)

  • Bevor es irgendwo hochklettert, vergewissert es sich ob es sicher ist

  • Ist am besten, wenn keine fremden Menschen anwesend sind

  • nimmt sich alles sehr zu Herzen

Quelle: Institut für Hochsensivität & Hochbegabung Birgit Trappmann

Ihr könnt auch dieses Quiz bei Eltern.de machen, um herauszufinden, ob Euer Kind hochsensibel ist.

6 Gedanken zu “Ist mein Kind hochsensibel?

  1. Ich bin auch hochsensibel (mittlerweile 30). Damals wurde ich insbesondere als überaus empfindsam, anstrengend, mimosenhaft, usw. empfunden, als im Grunde war alles negativ. Ich finde es schön, dass ihr eure Kinder mit dieser Besonderheit ernst nehmt und ihnen eine bestmögliche Unterstützung bieten möchtet. Mit dem deutschen Schulsystem + einige Schulwechsel durch Umzüge kam ich auch nicht sonderlich gut zurecht. Ein großes Problem was ich im Schulsystem sehe, ist die fast ausschließlich auditive Lehrweise, die für einen hochsensiblen schwierig werden kann. Ebenso nach meiner Erfahrung die hierarchisch-autoritäre Struktur, vielleicht eignet sich eine Montessori Schule besser?

    • Liebe Sara,

      vielen Dank für deine persönliche Erfahrung. Ich selbst bin auch hochsensibel, wobei das bei mir früher als Schüchternheit abgetan wurde. Hochsensiblität war zu dem Zeitpunkt noch kein Begriff. Heute verstehe ich vieles von damals besser, seit ich erkannt habe, was dahintersteckte. Meinen Kindern möchte ich daher die bestmögliche Unterstützung bieten, was oft jede Menge Geduld erfordert.

      Eine Montessori- oder auch Waldorfschule wäre sicherlich eine gute Sache, doch die nächste dieser Schulen ist mehr als 30 km entfernt. Damit fällt sie leider raus. Ich hoffe auf einen einfühlsamen Lehrer.

      Liebe Grüße
      Nadine

  2. Viele dieser Punkte treffen bei meiner Tochter auch zu… Vielleicht sollte ich mich auch mal eingehender damit beschäftigen 🤔
    Bei uns steht der Kindergarten ja noch aus. Ich bin definitiv sehr gespannt, wie das wird. Aber wenn ich mir die Reaktionen nach trubeligen Tagen ansehe, wird es sicherlich nicht leicht…
    Versprichst du dir eine Besserung von der Schule? Da gibt es ja immerhin Input für die Wissbegier.

    • Vor allem finde ich mich selbst darin wieder, wie ich als Kind war. Nur dass mein Großer im Gegensatz zu mir eben total extrovertiert ist.

      Von der Schule erhoffe ich mir schon Erleichterung, aber zugleich macht es mir aufgrund seiner (beinahe Hoch)Begabung auch ein wenig Angst, dass er sich schnell langweilen könnte. Die Schulärztin sagte mir bereits, dass das deutsche Schulsystem nicht für Kinder wie ihn gemacht ist. Ich sehe das daher mit stark gemischten Gefühlen.

Kommentar verfassen