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Das hochbegabte Kind, das nicht hochbegabt ist

Schon vor langer Zeit beschlich mich dieses Gefühl. Vielleicht war es auch der mütterliche Instinkt. Man kann es nennen, wie man will. Doch schon früh spürte ich, dass mein Sohn irgendwie anders ist, als andere Kinder. Das zeichnete sich durch viele unterschiedliche Dinge ab – allen voran durch seine starken Emotionen.

Gerade geschlüpft, stellten wir schnell fest, dass unser Sohn ein Schreibaby ist. Er schlief fast nie und schrie bis zu dreizehn Stunden am Tag. Wenn er nicht weinte, saugte er seine Umwelt förmlich in sich auf, als hätte dieses zarte Wesen ständig Angst, etwas wichtiges zu verpassen. Nach einigen Behandlungen bei einer Osteopathin legte sich das Schreien glücklicherweise stetig, wir kamen in einen gesunden Schlafrhythmus und einige Monate wirkte unser kleiner Wildfang wie ein rundum glückliches Baby.

Fragen

Er krabbelte mit sieben Monaten, er lief mit zwölf Monaten und bald darauf fing er an zu sprechen. Er legte eine rasante Entwicklung hin. Doch als wir dachten, all das würde zu seiner Zufriedenheit beitragen, wurden wir bald eines besseren belehrt. Mit gerade mal eineinhalb Jahren steckten wir mitten drin in der Autonomiephase. Ist das nicht ein bisschen zu früh? Und ist es normal, dass er so wütend ist? Sind seine Emotionen nicht zu stark für so einen kleinen Menschen?

Ständig wurde ich von Zweifeln geplagt, weil mein Kind extrem unabhängig, kompromisslos selbstbestimmt, nahezu allergisch gegen Erziehungsversuche war und wir deshalb auch Kritik von außen erhielten. Was habe ich falsch gemacht?

Ich las viel nach – über Hochsensiblität, ADHS, autonome Kinder, Hochbegabung, auch über Autismus. Tatsächlich deuteten viele Verhaltensweisen auf Hochbegabung oder Hochsensiblität hin – ich fand jedoch nie Hinweise darauf, ob dies mit seiner Wut zusammenhängen könne. Mein Mann war der Ansicht, dass beides nicht auf ihn zutrifft. Mir ließ es jedoch keine Ruhe. Ich dachte, wenn wir die Gewissheit hätten, könnten wir ihm doch sicherlich viel besser helfen. Denn ich wünschte mir nichts sehnlicher, als dass er glücklich und zufrieden ist.

Leider war uns der Kinderarzt in dieser Hinsicht keine große Hilfe. Er ging auf meine Sorgen nicht ein.

Schließlich gab es immer mal wieder gute, dann wieder schwierigere Phasen. Mit dem Kindergartenstart brach jedoch wahrhaft eine Sturmzeit los. Hilflosigkeit machte sich breit, weil alle Versuche, ihm da herauszuhelfen scheiterten, die Situation sogar eher verschlimmerten. Wir suchten eine Beratungsstelle auf und als sich nach ein paar Monaten die Wogen geglättet hatten, dachten wir, dass wir die Autonomiephase überstanden hätten.

Doch so war es nicht. Denn offenbar war es mehr als nur die Autonomiephase. Immer wieder wurde unser Wildfang von seinen Gefühlen überrollt und ließ ihnen mit all ihrer Wucht freien Lauf. Für uns wurde es immer schwieriger, mit seinen Wutstürmen klarzukommen, denn es gab einfach nichts, was ihm half. Wir konnten rein gar nichts tun, um ihn aus diesem Kreislauf herauszuholen und er war selbst ebenfalls nicht in der Lage, seine Gefühle zu regulieren und ein gesundes Ventil dafür zu finden.

Doch da war nicht nur seine Gefühlsstärke. Zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt gab es noch so viel Lebenslust und seine unfassbar gute Auffassungsgabe, sein immens großer Wortschatz und sein unstillbarer Wissensdurst. Wir sind kaum in der Lage, diesen Durst zu stillen und ich weiß inzwischen Dinge, die ich niemals wissen wollte. Er sammelt unaufhörlich Fachwissen und will gefordert und gefördert werden.

Dadurch fiel er auch im Kindergarten auf. Hinzu kommt, dass er sich dort auf nichts richtig einlassen kann, er wirkt stets rastlos, kommt nie zur Ruhe. Die Erzieherin ging schließlich auch von einer Hochbegabung aus.

In der Hoffnung, Hilfe zu bekommen, wendete ich mich an eine Heilpraktikerin. Sie hat sich wirklich viel Mühe gemacht und ihr bestes getan, um uns zu helfen und dennoch hatte ich das Gefühl, dass es danach nur noch schlimmer wurde.

Antworten

Schließlich und endlich (!) wurden wir an ein Sozialpädriatrisches Zentrum (SPZ) verwiesen. Hier wurde Wildfang auf Mark und Bein getestet. Es gab viele Gespräche mit Psychologen und Ergotherapeuten, es wurden außerdem umfassende Intelligenztests durchgeführt. Mein Sohn liebte es, dort zu sein. Diese Tests machten ihm so viel Spaß, ließen ihn wahrhaft aufblühen und er freute sich immer schon auf den nächsten Termin.

Vor allem war all das sehr aufschlußreich für uns. Die Ergotherapeutin bestätigte mir, dass unser Sohn hochsensibel ist. Er nimmt vor allem zu viele Dinge wahr und kann diese vielen Reize kaum verarbeiten. Zukünftig soll er Ergotherapie bekommen, um dort Strategien zu entwickeln, seine Gefühle zu regulieren oder sich dabei von uns helfen zu lassen und besser mit all den Impulsen umzugehen, die ständig auf ihn einströmen.

Außerdem erzielte er in den Intelligenztests einen FKI (IQ) von 129. Ab 130 liegt eine Hochbegabung vor. Das erklärt sein ständiges Verlangen nach noch mehr Wissen und seine erstaunliche Merkfähigkeit. Was dies betrifft, erhielten wir leider nur die Anweisung, ihn weiterhin mit reichlich Input zu füttern, weil es sonst schnell zu Frustration kommen kann.

Viele Fragen sind damit beantwortet und ich denke, damit haben wir den Grund für seine starken Emotionen: Unterforderung trifft auf Reizüberflutung. Das verursacht verständlicherweise Stress und Frust.

Durch die Therapien, die nun vor uns liegen, erhoffen wir uns, dass wir alle gestärkt daraus hervorgehen und unser Wildfang zu einem Kind wird, dass mit sich selbst und der Welt im Reinen ist. Denn das wünsche ich mir so sehr für ihn – und auch für uns als Familie.

Weiterhin werden wir uns die größte Mühe geben, ihn zu fördern, wie er es braucht, ohne ihn zu überfordern. Hochbegabung hin oder her.


Denkst Du manchmal auch, Dein Kind fällt irgendwie aus dem Rahmen? Vielleicht ist eine Hochbegabung der Grund dafür. Nachfolgend findest Du zwanzig Anzeichen, die dafür sprechen könnten. Hilfe findest Du beim Kinderarzt, im SPZ oder in speziellen Zentren für Hochbegabung.

Woran erkenne ich, dass mein Kind hochbegabt ist?

  1. Hochbegabte Kinder lernen sehr früh aus eigener Motivation heraus Sprechen, Lesen und Rechnen.

  2. Sie verfügen früh über einen großen Wortschatz.

  3. Das logische Denken ist sehr stark ausgeprägt.

  4. Sie beobachten ihre Umgebung sehr detailliert und erforschen ganz unterschiedliche Bereiche.

  5. Sie eignen sich sehr schnell Wissen an und verfügen über eine hohe Merkfähigkeit.

  6. Durch ihre hohe Auffassungsgabe sind sie gleichaltrigen Kindern weit voraus.

  7. Sie freuen sich über schwierige Aufgaben und können diese sehr schnell lösen.

  8. Leichte und routinierte Aufgaben verweigern sie oder scheitern an diesen.

  9. Sie sind lustlos und langweilen sich schnell, wenn sie nicht gefordert werden.

  10. Sie interessieren sich für Bücher und Themen, die ihre Altersstufe weiter überschreiten.

  11. Sie sind oft perfektionistisch veranlagt und äußerst ehrgeizig.

  12. Sie sind sehr selbstkritisch und selten mit sich zufrieden, da sie ihren hohen Erwartungen nicht gerecht werden. Das kann zu Wutausbrüchen führen.

  13. Sie werden allgemein schnell ungeduldig und unbequem.

  14. Sie haben Schwierigkeiten Anschluss an Gleichaltrige zu finden und sich in Gruppen zu integrieren. Sie schließen sich lieber Älteren an.

  15. Gleichzeitig sind sie oft menschenscheu und ängstlich.

  16. Sie neigen zur Belehrung und Besserwisserei.

  17. Sie wollen jede Situation unter Kontrolle haben und diese bestimmen. Somit ordnen sie sich ungern unter und stellen Autoritäten infrage.

  18. Sie verfügen über organisatorisches Geschick.

  19. Sie weisen eine hohe Aktivität bei hoher Ausdauer und Belastbarkeit auf.

  20. Oft sind sie auch körperlich sehr geschickt.

Quelle: Sofatutor.com

 

 

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