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Und die Antwort lautet immer „Gut!“

Vor einiger Zeit fragte ich bei einer Bekannten nach, wie es ihr gehen würde. Ihre Antwort lautete „Gut“. Ein paar Minuten später jedoch sagte sie mir dann, dass es ihr eigentlich gar nicht so gut gehen würde, sie aber niemanden damit belasten möchte. Ganz offensichtlich hatte sie in diesem Moment das Bedürfnis verspürt, doch mit mir darüber zu sprechen und ihre Sorgen einfach mal abladen zu können. Aber woher kommt diese Scheu, jemandem zu erzählen, wie es einem wirklich geht?

Wie geht es Dir?

Ihr kennt das sicher alle: Man trifft zum Beispiel einen Freund oder Bekannten beim Einkaufen und fragt ganz selbstverständlich „Wie geht es Dir?“ – Und die Antwort lautet meistens „Gut. Und Dir?„. Mit einem Lächeln sagt man dann „Mir geht es auch gut, danke!“. Man tauscht ein paar Floskeln aus, geht nach ein paar Minuten wieder getrennte Wege und denkt manchmal so bei sich, wie oberflächlich das doch ist.

Aber warum ist das eigentlich so? Warum sagt man nicht einfach, wie es wirklich ist? Verständlich – nicht jedem möchte man erzählen, wie es in einem aussieht, weil es zu privat ist. Doch manchmal würde man es gern einfach mal loswerden, macht dann aber doch den Mund nicht auf. Aus welchem Grund? Es liegt oft an der Reaktion des Gegenübers. Nicht jeder möchte tatsächlich die Wahrheit hören oder geht respektvoll damit um.

Ich selbst habe das schon oft so erlebt. Ich lebe mit Fibromyalgie – einer unsichtbaren Krankheit. Man sieht mir meistens nicht an, wie es mir geht. Doch nur weil man etwas nicht sehen kann, heißt das nicht, dass es nicht da ist. Manche Menschen denken jedoch leider so.

Diese tolle Darstellung beschreibt perfekt, wie es wirklich ist. Danke an die liebe FIBROFEE, die sich auf ihrem Blog intensiv mit dem Thema Fibromyalgie befasst.

Wenn ich zum Beispiel jemandem erkläre, wie unendlich müde – um nicht zu sagen tief erschöpft – ich bin, kommt als Antwort oft „Ach, ich bin auch müde. So schlimm kann es nicht sein!“. Von den Schmerzen spreche ich meist gar nicht erst. „Du hast doch gar nichts!“ Im Vergleich zu anderen geht es mir tatsächlich relativ gut. Die Krankheit war in den letzten Jahren eher rückläufig. Trotzdem ist sie nicht weg. Die Erschöpfung ist immer da und auch die Schmerzen – wenn auch auf einem Level, mit dem ich momentan ganz gut leben kann. Doch es ist hoffnungslos und frustrierend mit manchen Leuten darüber zu reden. Weil sie es weder sehen noch hören wollen. Weil es ihnen zu kompliziert oder zu unbequem ist, sich damit auseinanderzusetzen. Und bei diesen Leuten lautet meine Antwort dann ebenfalls immer ganz oberflächlich „Es geht mir gut.“

Zu einem Menschen mit Depressionen oder Burnout zu sagen „Ach, Du brauchst einfach nur mal wieder Urlaub!“, ist ebenfalls eine Aussage, die völlig fehl am Platz ist. Oder jemandem, der krank ist, großzügig seine Hilfe anzubieten, und wenn diese dann wirklich mal in Anspruch genommen werden muss, zu sagen „Ach Du, ist diese Woche ganz schlecht!“.

Wie läuft es mit den Kindern?

Ähnliches passiert, wenn manche Leute mich fragen, wie es mit den Kinder läuft. Auch da wird eine ehrliche Antwort oft mit Kommentaren wie „Da mussten wir alle durch!“, „Glaubst Du, bei uns war das anders?“, oder „Warum soll es Dir besser gehen als mir!?“ ausgebremst. Doch kein Kind ist wie das andere. Und keiner kennt meine Kinder so wie ich, keiner kennt die Herausforderungen mit denen wir zu kämpfen haben. Viele sehen nicht, die besonders sensible Seite meines Kindes, sondern sehen nur, wie es diese auslebt und kommen dann noch mit vermeintlich schlauen Kommentaren daher. Früher habe ich mir das immer sehr zu Herzen genommen, manchmal hat es mich sogar verletzt. Heute weiß ich, dass ich alles nach bestem Wissen und Gewissen so gut mache, wie ich es eben kann und lasse mich von meinem Gefühl und nicht von der Meinung anderer leiten.

Quelle: Pinterest

Das würde ich manchmal gern entgegnen – tue ich aber nicht. Dafür bin ich wohl zu nett. Daher lautet meine Antwort auch hier immer wieder „Gut!“.

Der Grund

Das also können Gründe sein, warum die Antwort immer „Gut!“ lautet. Zu oft stößt man auf Unverständnis oder Desinteresse. Man überlegt sich ganz genau, was man wem sagt und was nicht.

Doch dann gibt es da noch die Menschen, bei denen man sich fallen lassen kann – denen man einfach so sagen kann, wie es einem geht, ohne sich irgendwelche Gedanken machen zu müssen, wie derjenige wohl darauf reagieren mag. Menschen die einem gern zuhören, die einen ernst nehmen und wo das selbstverständlich auch auf Gegenseitigkeit beruht. Jeder braucht solche Menschen um sich herum, bei denen man einfach mal allen Frust abladen kann und weiß, dass man sich dort aufgehoben und verstanden fühlt. Danke dafür!

Achtsamkeit

Vertrauen

Verständnis

Und wenn ich Dich frage „Wie geht es Dir?“, dann frage ich das, weil ich eine ehrliche Antwort hören möchte, aus aufrichtigem Interesse.

Kennt Ihr selbst solche Situationen? Wie geht Ihr damit um?

 

 

 

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