Was machst Du eigentlich den ganzen Tag? Oktober 2020

06.05: Der Wecker reißt mich aus dem Schlaf. Ich fühle mich, als hätte mich ein Laster überrollt und brauche eine Weile, bis ich zu mir komme. Zehn Minuten später klingelt er erneut und ich quäle mich aus dem Bett. Was sein muss, muss sein. Müde trotte ich ins Bad und komme nur langsam in die Gänge.

06.50: Den Kindern geht es anscheinend genauso. Beide muss ich wecken, was sehr mühsam ist. Denn sie denken nicht im Traum daran aufzustehen. Vor allem für die Kleine ist das ungewöhnlich, tänzelt sie um diese Uhrzeit doch normalerweise schon fröhlich durchs Haus. Mit Sicherheit steckt den beiden noch das Wochenende bei Oma in den Knochen.  Zum ersten Mal haben sie gemeinsam dort übernachtet – und das war ganz schön aufregend.

07.08: Immerhin haben wir es nun bis in die Küche geschafft, wo ich den Kindern ihr Frühstück und ihre Pausenbrote zubereite. Zwischendurch schreibe ich mit einer Freundin, mit der wir eigentlich heute verabredet sind. Aufgrund widriger Umstände müssen wir die Verabredung leider auf Mittwoch verschieben. Aber vielleicht ist es für die Kinder auch ganz gut, dass heute weniger Aktion angesagt ist.

07.29: Wir sind im Endspurt und ziehen uns an. In einer Minute geht Wildfangs Laufgruppe los. Seit zwei Wochen geht er nun morgens immer zu Fuß zur Schule, gemeinsam mit einem Nachbarskind, in Begleitung dessen Eltern. Ich freue mich darüber, dass es ihm so viel Spaß macht mitzugehen. Das hatte ich ehrlich gesagt nicht erwartet. Nachdem wir uns von ihm verabschiedet haben, steigen die Kleine und ich ins Auto, um zum Kindergarten zu fahren. Es ist ihr letztes Kindergartenjahr und ein bisschen wehmütig bin ich ja schon. Erst recht, seit ich sie letzte Woche in der Schule angemeldet habe. Sie ist doch noch so klein. Andererseits bin ich auch froh, wenn ich demnächst dann nicht mehr so viel hin- und herfahren muss und sie beide hier im Ort haben werde.

07.37: Wir landen am Kindergarten und zum ersten Mal gewinne ich! Jeden Morgen veranstalten wir ein Wettrennen vom Auto bis zur Tür. Und jedes Mal hat meine Tochter gewonnen. Fragt mich nicht, wie ich es angestellt habe, dass heute einmal ich als Erste durch die Zielgerade gelaufen bin. Trotzdem schmunzelt sie nur gelangweilt, sicher, dass sie ab morgen wieder die Medaille ergattern wird. Es sei ihr gegönnt.

08.03: Wieder zu Hause quäle ich mich wie jeden Morgen erst einmal mit unseren elektrischen Rollos, die leider nicht mehr das tun, wozu sie bestimmt sind. Sie bleiben nämlich stecken und man muss sie mit vollem Körpereinsatz dazu bewegen, sich nach oben zu bequemen. Danach decke ich den Tisch und frühstücke. Heute lasse ich mir Zeit, weil ich nach wie vor müde bin. Während ich verträumt vor mich hinkaue, dringt mir entspannte Popmusik in die Ohren. Ich könnte einfach gemütlich hier sitzen bleiben und nichts tun. Aber dann kommt mir wieder in den Sinn, dass nächste Woche schon Herbstferien sind und das nun vorerst die letzten Tage sind, an denen ich an meinem neuen Roman arbeiten kann. Diese Woche möchte ich mindestens die 20.000 Wörter knacken. Wobei mir die 30.000 noch lieber wären. Denn dann wüsste ich, dass ich bereits die Hälfte geschafft hätte. Aber ich fürchte, das werde ich vor den Ferien nicht mehr schaffen. Also trotte ich nach oben in die zweite Etage und führe, wie jeden Morgen, einen kleinen Plausch mit meinem Mann, bevor ich meine Bürotüre hinter mir schließe.

08.32: Der Rechner ist an, doch die Motivation ist scheinbar noch nicht hier oben angekommen. Also maile ich zunächst meiner Freundin und Autorenkollegin, mit der ich in permanentem Austausch über unsere Projekte stehe. Doch dieses Mal beschäftigt uns ein ganz anderes Thema: Das Wetter. Ja, genau. Langweilig, meint Ihr? Na ja, wir haben für Samstag einen Wanderausflug in die Eifel geplant. Da spielt das Wetter leider nun mal eine große Rolle. Und das soll, verdammt nochmal, alles andere als gut werden. Das frustriert mich. Aber wir beschließen, erst einmal abzuwarten, bevor wir unsere Pläne über Bord werfen. Der Wetterbericht kann sich bis dahin noch drei Mal ändern.

09.11: Endlich öffne ich mein Manuskript und hoffe, dass mein Kopf heute die Worte aus mir heraussprudeln lässt. Im Moment habe ich noch nicht den Eindruck. Tatsächlich beschäftige ich mich mit anderen Dingen, wie zum Beispiel unserem bevorstehenden Kurzurlaub. Und da bleibe ich dann erst einmal hängen und schaue, wo wir denn nächsten Sommer Urlaub machen könnten.

10.21: Jetzt aber schreibe ich endlich weiter. Oder … auch nicht. Meine Mutter ruft an, weshalb ich nach nur drei Worten wieder abbreche. Sie kündigt sich für heute Nachmittag an. Okay. Doch ein bisschen Aktion. Zwanzig Minuten später lege ich aber wirklich los – und werde wieder ausgebremst. Mein Mann kommt herein, wir unterhalten uns kurz, dann chatte ich wieder mit meiner Freundin und mit Gerard Butler. Ja, Ihr habt richtig gehört. Glaubt Ihr nicht?

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Jetzt wisst Ihr Bescheid.

Normalerweise werden solche Leute sofort blockiert. Heute aber habe ich Lust, mich auf dieses Spielchen einzulassen. Und dann habe ich den Account gemeldet.

Was das Schreiben angeht, bin ich heute daher nur auf schwache 324 Wörter gekommen. Traurig, aber wahr! Morgen werde ich mehr Disziplin an den Tag legen. Ganz bestimmt.

11.46: Mißmutig schalte ich den Computer aus und mache mich auf den Weg, um die Kleine abzuholen. Ich ärgere mich, dass ich mich heute so sehr habe ablenken lassen. Aber so ist es jetzt nun mal.

11.59: Das nenne ich mal eine Punktlandung. Letzte Woche bin ich tatsächlich zwei Mal zu spät gekommen. Aber nur zwei, drei Minuten. Trotzdem. Geht gar nicht! Meine Tochter springt mir freudestrahlend entgegen und zeigt mir stolz das Pferd, welches sie aus Bügelperlen gemacht hat. Danach machen wir uns wieder auf den Weg in unseren Heimatort und müssen zwanzig Minuten überbrücken, bis der Große Schule aus hat. Ich besorge ihr ein Brötchen, weil sie nach dem Kindergarten immer sehr hungrig ist. Danach schlendern wir ein bisschen durch die Fußgängerzone und vertrödeln die Zeit vor dem Schaufenster des Spielzeuggeschäfts.

Die junge Dame könnte noch das ein oder andere gebrauchen. Meint sie.

12.35: Pünktlich zum Schulgong kommen wir am Tor an. Dieses Mal hat Wildfang keinen Fegedienst – wie gefühlt sonst immer – und ist dementsprechend schnell draußen. Sofort lässt er seinen Ranzen auf den Gehweg fallen und spielt mit zwei Jungs aus seiner Klasse Fangen. Eine Weile lasse ich ihn rennen, schließlich musste er lang genug sitzen.

13.06: Inzwischen haben wir uns zu Hause eingefunden und ich stehe am Herd. Heute gibt es eine Gyros-Reis-Pfanne.

Essen ist fertig!

In weiser Voraussicht habe ich meinem Sohn beim Bäcker eine Laugenstange mitgebracht. Reis wird von ihm nämlich in der Regel verschmäht. Wenig später finden sich alle zum Essen in der Küche ein. Heute will nicht einmal die Kleine den Reis essen. Aber sie hatte eine Stunde zuvor ja auch schon das ganze Brötchen verdrückt.

14.11: Während ich die Küche aufräume, muss ich einen Wutanfall der Kleinen schlichten, weil sie ein Zelt bauen wollte, was nicht so richtig klappte. Gerade, als ich die Spülmaschine in Gang bringe, ruft mein Sohn mich zu sich, weil er eine Frage zu seinen Hausaufgaben hat. Ich hechte die Treppe rauf, um zu helfen. Anschließend räume ich noch ein wenig auf.

15.00: Ding Dong! Meine Eltern stehen vor der Tür und haben frische Berliner im Gepäck. Die Kinder verschleppen die beiden zuerst nach oben, um ihnen die Neuerungen in den Kinderzimmern zu zeigen. Die Kleine bekam vor zwei Wochen ein neues Regal und eine Playmobil Villa, welche sie aus ihrer Spardose finanzierte. Der Große hat ebenfalls ein neues Regal und endlich einen Schreibtisch. Danach mache ich Kaffee und wir lassen uns die Berliner schmecken. Mein Sohn verschwindet kurz darauf zu einer Klassenkameradin. Okay. Soviel zum Thema wenig Aktion.

16.50: Wir verabschieden Oma und Opa wieder und sofort bekommt die Kleine einen akuten Anfall von Langeweile. Da ich aber eine Kleinigkeit erledigen muss, zieht sie schmollend ab. Als ich später komme, um mit ihr zu spielen, fällt ihr dann aber nichts ein, was wir machen könnten. Alle meine Vorschläge findet sie doof. Deshalb wird eben gekuschelt und weiter überlegt. Inzwischen gesellen sich auch die Männer zu uns. 

18.10: Als ich mich daran mache, das Abendessen vorzubereiten, weint die Kleine wieder, weil wir ja gar nicht miteinander gespielt haben. Schließlich beruhigt sie sich aber und schmiert sich selbst ihr Brot. Ich sage nur Butter. Sehr viel Butter!

18.45: Ich lasse mir ein Bad ein und stelle fest, dass mein Erkältungsbad leider nichts mehr hergibt. Na ja, so schlimm ist es eh nicht mehr. Hauptsache Entspannung!

19.12: Die Kinder spielen mit Papa in Wildfangs Zimmer. Als ich dazu stoße, ist die Kleine gerade mit ihrem Rechen-Puzzle fertig und ich helfe ihr beim Umziehen. Eigentlich wäre heute Mama-Sohn-Abend, aber Wildfang möchte mit Papa weiter Scrabble spielen. Deshalb kümmere ich mich um seine Schwester. Schnell huscht sie ins Bad und endlich weiß sie auch, was sie mit mir spielen möchte. Mit ihrer Puppe Lotta. Danach wird noch gelesen und gelüftet und dann geht es ab ins Bett. 

Später werde ich noch mal zu meinem Großen ein wenig kuscheln und irgendwann gegen 21.00 Uhr treffe ich mich mit meinem Mann auf dem Sofa. Und jetzt pssst! Gute Nacht!

 

Alle Beiträge zu #wmdedgt gibt es selbstverständlich bei Frau Brüllen.

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